~ Asatru-Gedichte ~
Bist du stark
genug?
Bist du stark genug, um mit mir zu gehn?
Würdst am Baum du hängen, um wie ich zu verstehn?
Würdst du blutend hängen neun Nächte und Tage,
ohne Essen und Trinken, zu lindern die Plage,
zwischen Himmel und Erde, unsicher der Lohn -
Tod und Wahnsinn, oder Weisheits dorniger Thron?
Würdst du leiden wie ich, wenn jeder Tropfen Blut
in den Brunnen rinnt in rotwolkiger Flut,
die Gedanken sich trüben, auf eins konzentriern;
Enthülln sich Mysterien, oder wirst du verliern?
Sei gewarnt, mein Sucher, denn wählst du mich
ist dein Opfer nur sicher, alles andere nicht.
Würdst du mit mir zu Mimir´s Brunnen gehen
um alle Geheimnisse Wyrds zu sehen?
Meine Sicht zu teiln, würdst ein Auge du geben
und schauend der Welten Ende erleben?
Dein Auge ausreißen mit blutiger Hand
und es werfen ins Wasser aus Totenland,
jene Brühe zu trinken, schwarz und doch klar?
Ist dir Weisheit das wert? Ist sie so kostbar?
Oder hast du vielleicht gar nichts erkannt,
statt meiner Vision nur Blindheit erlangt?
Sei gewarnt, mein Sucher, denn wählst du mich
ist dein Opfer nur sicher, alles andere nicht.
Würdst du den heiligen Met mit mir trinken,
den ich mußt' durch Mühen und Täuschung erringen?
Wen würdst du verraten, um gut zu dichten?
Für Inspiration, welchen Preis entrichten?
Die aufgeben, die dir die Liebste im Herz
und sie zurücklassen, weinend vor Schmerz?
Von deiner Seele andern Hälfte weichen,
wenn dir das hilft, dein Ziel zu erreichen?
Und kommst du zurück dann mit Suttungs Trank,
oder ohne ihn, ungeliebt, einsam als Dank?
Sei gewarnt, mein Sucher, denn wählst du mich
ist dein Opfer nur sicher, alles andere nicht.
Stehst du an meiner Seite am letzten Tag,
teilst Sieg oder Tod, was auch kommen mag?
Für deinen Triumph, was würdest du geben?
Deine Kinder erschlagen, so daß Welten leben?
Zu verschieben das Ende, vor dem Götter zagen,
würdst du deinen Sohn selbst zu Grabe tragen?
Deine Schützlinge töten, während sie dich verfluchen,
um noch mehr Erschlagne für Walhall zu suchen?
Und wirst du siegen, der Welt Rettung bringen,
oder wie´s mancher wünscht, wird der Wolf dich verschlingen?
Sei gewarnt, mein Sucher, denn wählst du mich
ist dein Opfer nur sicher, alles andere nicht.
Mein Junge, mein Mädel, dies sollt'st du verstehn,
bevor du versprichst, meinen Weg zu gehn.
Den Walknoten tragen tu nicht übereilen:
Wirst du für Weisheit den Schmerz mit mir teilen?
Gabst du erst dein Leben mir, schworst du den Eid,
freut dich dein Opfer dann, oder tut es dir leid?
Die Härten, die ich in dein Leben bringe,
weißt du, daß sie stählen wie Feuer die Klinge?
Wirst als Seher, als Zaubrer, als Krieger du gut
oder wandelt deine Liebe zu Haß sich und Wut?
Sei gewarnt, mein Sucher, denn wählst du mich
ist dein Opfer nur sicher, alles andere nicht.
©
Original "Are You Strong Enough?":
Laure Lynch
© Übersetzung: Michaela Macha
